September

02

2007

I like Ratingen – „Ich mag Ratingen.“ – Flippt die laux jetzt aus?


Heute auf dem Ratinger Flohmarkt aufgenommen

Ja, stimmt: Ich mag Ratingen. Und das hat gedauert, bis ich so weit gekommen bin. Eine lange Zeit der Inkubation liegt hinter mir.

Woran liegt’s? Was ist passiert?

Erst kritisieren – dann loben:

Immerhin ist Ratingen eine sehr traditionelle und – mal ehrlich! – konservative Stadt mit einem starken Bedarf an Demokratie. (Den es zu decken gilt, liebe Freunde.) Wer mag schon gerne an mittelalterliche Foltermethoden wie das Anlegen von Daumenschrauben denken? Die „Dumeklemmer“ tun das. Mehr oder weniger bewusst. Es wird seit X-Jahren über den Rathausbau spekuliert, ich meine diskutiert.
In den beinahe letzten 10 Jahren ist eine Menge Unschönes passiert, Notwendiges unterlassen worden. Reden wir nichts schön. Es gibt noch weiter viel zu tun. Ich nenne einfach mal die Stichworte „Toleranz“ und stelle Vororte wie „Hösel“ und „Ratingen West“ gegenüber.

Ratingen ist eine vermögende Stadt und der Ratinger Haushalt könnte seine Prioritäten so langsam aber sicher mal dahin rücken, wohin sie gehören. Nach dem Grundsatz: Erst um die „Schwächeren“ kümmern und sie stärken, damit sie auf eigenen Füßen stehen - und dann feiern.

Jetzt kommen wir zum springenden Punkt. Zur Kultur. Der „Kultfaktor“ Ratingens steigt und steigt meiner bescheidenen Einschätzung nach.

Da wurden Jugendprojekte gestartet und wer präsentiert diese? Die Jugendlichen selbst! Neben dem „Kultfaktor“ (gute Namensgebung) erwartet uns jetzt eine Lesung von Jugendlichen an verschiedenen Orten Ratingens. „Literatour an schrägen Orten“ (wieder gute Namensgebung) Ich habe mir gerade ein Ticket gekauft und bin tierisch gespannt. Als Autorin. Klar!

Letztes Jahr veranstaltete die Peter und Paul Kirche die „Nacht der Sinne“ (der Name wurde dem Erlebnis absolut gerecht. Ja, mehr als das!), über die ich selbst geschrieben habe. An dieser Stelle: Bitte noch mal so ein Event!

Ich mag unser Kino. Natürlich auch die Freilicht-Veranstaltungen.

Der Poensgen Park wurde 100 Jahre alt. Das machte er ganz von alleine. Aber wie er gepflegt wird und welche Feste dort stattfanden (auch Ausstellungen, Picknick, romantische Abende mit beleuchteten Bäumen und Tanz…), das ist eine andere Sache. Flora und Fauna rund um den Park sind idyllisch und regen zur Kommunikation an. Besonders über die zutraulichen Nager, über deren Art spekuliert wird und die man hoffentlich in Ruhe lässt. Dieses kleine Städtchen interessiert mich ehemalige Wahlmünchenerin immer mehr!

Ich erinnere mich auch an eine Faustinszenierung im Stadttheater, die von der Rheinischen Post völlig zu Unrecht schlecht beurteilt wurde. Die Hexenszene mit Lack-Klamotten zu inszenieren, war eine Art der Verfremdung, die genau die Atmosphäre – adaptiert an den aktuellen Zeitgeist – wiedergab, die Goethe beabsichtigt hat. Das stelle ich jetzt mal als Theaterwissenschaftlerin und Trend-Scout fest.

In Ratingen leben Menschen aus über 30 ethnischen Gruppen. Und das belebt auch „unsere“ Stadt. Zu merken ist dies nicht nur im Alltag. Zum Beispiel bei den Kaufleuten, die von ihrer Herkunft unterschiedlichen Ursprungs sind, sondern auch an diversen kulturellen Veranstaltungen. Mein Gott, wie kann man da durchatmen, im Gegensatz zum Schützenfest. Das wird einfach nicht mein Ding. Und das muss es auch nicht. Toleranz eben. Wo es geht. Für die Asylbewerber muss mehr getan werden!

Ich mag den Markt. Was wäre ein Samstag ohne ihn? Auch ohne Geruchsinn gibt er mir viel. Optisch und auch sonst. Ich hoffe, der Weihnachtsmarkt wird wieder schön. Das war er letztes Jahr nämlich nicht.

Wenn in Ratingen etwas schön ist, dann beruht das oft auf der Initiative der Bürger. Wir haben in unserer Stadt Künstler von vielen „Richtungen“. Unter anderem mich. Ich werde hier Foto-Ausstellungen machen und vielleicht lässt man mich wieder als Kabarettistin auf die Bühne. In Mettmann war ich eher der Tölpel der Kabarettisten. Aber so Etwas muss man durchmachen. Entschuldigung und Dank nachträglich an mein geplagtes Publikum. Es kommt auch ganz bestimmt nie wieder vor. Dass ich meinen Text nicht beherrsche…Aber mit den Ratingen hat’s mir – so zwei Tage vor Eröffnung der Fußball-WM – die gesamten 2 Stunden im Medienzentrum, meinem zweiten Zuhause, Spaß gemacht. Ein sehr angenehmes Debüt, das dank des „Ratinger Sprungbrettes“ (warum nutzt das keiner sonst?) möglich war.

So.

Wir brauchen wieder einen Ratinger Kulturtag. Das sollte nicht mehr passieren, dass der ausfällt. Wird es doch auch nicht, oder?

Bevor ich hier schließe, möchte ich noch eines outen: Eine der schlimmsten Beleidigungen sollte mal sein „angepasster Ratinger“. Das würde ich heute nicht mehr so empfinden. Solange ich dieses Ratingen mit gestalten darf.

Gegrüßt seien an dieser Stelle meine Kollegen und Kolleginnen aus der Kunst und dem Journalismus und die Entscheider, die uns weiter sponsern und genießen (dürfen). Denn davon haben sie was. Das weiß ich.

In diesem Sinne. Spricht wer? Na,

die laux
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