Unmittelbarkeit der Berichterstattung – Für Täter Promotion, für Rezipienten nichts als Ohnmacht?

Ob Hoyerswerda, Manhattan 9/11 oder Oslo: Wir werden so zeitnah wie wie es geht ins Bild über Täter gesetzt. Geistig Distanz nehmen, solange die Medien eingeschaltet sind, ist unmöglich. Du bekommst überall Details entgegengeschleudert, dass du an nichts mehr anderes denken kannst, dich sogar als Ignorant selbst verurteilen würdest, wenn du nicht so dicht ans Geschehen gehst, wie nur möglich.

An diesem Wochenende ist man geistig okkupiert worden, wenn man sich nicht konsequent an seinen eigenen Plänen und Wünschen orientiert hat: Nach der Nachricht, dass Griechenland unter dem Deckmantel der „Sanierung“ mit einem „Rettungspaket“ „saniert“, also enteignet und aus dem Weltmarkt bis 2020 exkludiert wurde, erlebten wir hautnah einen Massenmörder. Die Nachricht von dem soundsovielten Promi, der mit 27 Jahren „leblos aufgefunden wurde“, begleitet mit der Frage „Suizid oder Drogentod“, gemeint, ist Amy Winehouse, wurde zur Nebensache für die Masse, ebenso wie das Gedenken an die Toten von Duisburg vom vergangenen Jahr.

Während die Schuldigen von Duisburg angeblich noch immer nicht eruiert sind, erfahren wir immer mehr Details über den Täter von Oslo. Man könnte meinen, es wird ein Hype um ihn veranstaltet. Wer kennt nicht sein Gesicht, seinen Namen, seine Vorlieben, seine perfide Geisteshaltung en Detail, schließlich seine Vorbereitungen und dessen Veröffentlichungen im Internet?

Ich wünschte, ich hätte von diesem Menschen nichts erfahren. Die Informationen über ihn haben mein Hirn und meine Seele am Wochenende vollgemüllt. Nun muss ich Vieles nachholen.

Was mich dennoch an Oslo nachhaltig beschäftigen mag ist die Frage: Warum gab es keine Sicherheitskräfte bei einem so regelmäßigen und stark besuchten Event?

Ich habe diese Frage diskutiert und wurde zurückgefragt, ob ich bei mehr Kontrolle und Vorsichtsmaßnahmen nicht einen faschistischen Staat oder eine faschistische Welt“ordnung“ befürchte.

Sicherheitskräfte aller Art, ob Ordner, Polizei und Sanitäter halte ich für eine Selbstverständlichkeit bei einem organisierten Treffen von hunderten Menschen.

Als fatal finde ich die indirekte Werbung für rechtsradikale Verbrecher. Immer noch gehen Menschen fälschlich von einem martialischen Auftreten und tumber Dummheit aus diesem Umfeld aus. Diesen Personenkreis macht etwas Anderes aus. Die Fixierung auf systematische Zerstörung. Völlige Gnadenlosigkeit und Egomanie.

Dem setzten, das ging in der Berichterstattung leider unter, Bewohner der gegenüberliegenden Insel in Norwegen etwas ganz Entscheidendes und Wirksames entgegen: Ein Konglomerat von Menschlichkeit, Beherztheit, Tatkraft, Mut und intuitiver Intelligenz!

Daraus wird ein Schuh!

Nicht aus Gewalt. Nicht aus Voyerismus. Und nicht aus Ohnmacht.

Gisela B. Laux 2011
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