Solange et gemütlich is, bleibts wie es is!

Späte 70er, frühe 80er Jahre:

Man sitzt abend bei irgendeinem semi- oder vollberauschendem Zeug zusammen, Mann und Frau gemischt und fragte sich immer mal wieder, bis es Mainstream wurde:

Stell‘ dir vor, es is Krieg und keiner geht hin?“

Das schrie weder nach Logik noch nach Antwort. Man war beisammen, war losgelöst von dem, was einen überforderte, das Establishment war auch weit außen vor, wie ein wildes Tier im Käfig…und es, ES war einfach nur gemütlich.

Die faszinierende Vision von etwas, was selbstverständlich sein sollte, das selbstverständlich eben nicht eintrat, musste wenigstens ausgesprochen werden. Das böse Tier, der Kapitalismus schien im Käfig zu sein. Kontrollierbar.

Was ist schon der Weltkapitalismus, was ist Krieg gegen einen kleinen, verschworenen, homogenen Sitzkreis?

Z E I T S P R U N G

Das Jahr 2010:

Das Jahr, in dem verlautet wird, dass es so wenig Arbeitslose wie lange nicht mehr gibt, ein Jahr, in dem Politiker das Handtuch so zahlreich werfen, wie abgekämpfte Sportler. So, als hätten sie wie Sportler alles aus sich herausgeholt.

Das Jahr, indem sich Karstadt-Mitarbeiter nach über 1-jähriger Existenzangst in den Armen liegen und Kunden sagen: „Da habe ich schon immer eingekauft.“

Das 10. Jahr von Big Brother, das soundsovielte von DSDS und weiteren Spanner- und Fake-Formaten.

Das Jahr, in dem man über die „Abwrackprämie“ und andere gescheiterte Konzepte nicht mehr nachdenkt.

Das Jahr der Bestseller, die aufwühlen.

Das Jahr, in dem man den Atomausstieg verlängert und somit gegen – ist es so, ist es nicht so? – die Verfassung verstösst.

Das Jahr muss ja aufgrund seiner Zahl schon voller bewegender Ereignisse sein. Schon im Februar wurden in der Werbung die ersten „Produkte des Jahres“ ausgelobt.

Jetzt sitzen nicht nur die Freaks und Möchtegern-Freaks im Kreis oder auf muffigen, entsorgten Sesseln von Mittelschichtsbürgern in besetzten Häusern und philosophieren über

die da oben, die den Karren in den Dreck fahren.

Es ist kein Privileg mehr des scheinbaren Hobby-Oppositionellen.

Jeder lamentiert.

Mensch, man kann ja gar nicht mehr hinhören oder lesen, was die da oben wieder machen. Das ist ja unerträglich. Sach ma, wat gibbet bei dir Neues?

Das ist die neue Hymne. Und da erdet man sich wieder in der Gemeinschaft. Das wärmt. Man trottet wieder nach Hause, ist entweder alleine oder hat denen daheim nix zu sagen. Man geht zur Arbeit, zieht sie durch, um dann wieder dat alte Lied zu singen. Siehe oben.

F R A G E

Gehts nicht n bißchen kreativer und konstruktiver?
Warum so bescheiden? (Frage an die Autorin, deshalb:)

Gehts nicht kreativ und konstruktiv? Und mit Respekt?

Bevor man an einem Punkt ist, wo es zu spät ist muss aber jeder für sich entscheiden, was er wie und wo und wann und mit wem zu welchem Ziel tun muss.

Das soll einem Keiner sagen.

Vielleicht ist das des Pudels Kern.

Vermutet wer?

Na,
die laux
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