Lässt die Presse auf der ganzen Welt sich nun erpressen?

Heute morgen las ich im Morning Briefing des Handelsblattes:

Die Kanzlerin wurde gestern auf grausame Weise widerlegt. Europa ist nicht länger ein Ort, an dem ein Karikaturist „so etwas“ karikieren und ein Verleger „so etwas“ verlegen darf. Das europaweit verbriefte Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit, im deutschen Grundgesetz sogar mit einer Ewigkeitsgarantie ausgestattet, wurde gestern auf kaltblütige Art suspendiert. In der laufenden Redaktionssitzung mähten islamische Terroristen Mitarbeiter der Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ nieder. Die westliche Pressefreiheit erlebte gestern ihren 11. September.

So ekelhaft und hinterfotzig der Mord an den Redakteuren von Charlie Hebdo ist, so groß ist nun die Hysterie der Presseberichte über diesen Mordanschlag.

Kaum hat ausgerechnet die konservative Bild am 6. Januar über die prominente Stimmen ein klares Statement gegen Fremdenhass gemacht, wird der Anschlag in Paris mit dem des 11. September verglichen. Damals nannte man die Anschläge auf das World Trade Center auch „Patriot Act“. Jetzt haut der Chefredakteur Kai Diekmann in seinem Kommentar

der Preis der Freiheit

genau in diese Kerbe, und das ist kontraproduktiv:

Der Terroranschlag von Paris ist nichts anderes als ein Anschlag auf das Herz unserer Zivilisation.

Egal, von welcher Seite Patriotismus kommt, es führt nicht zum internationalen Frieden im Sinne des Förderalismus.

Wenn sich Presseorgane selbst sich nun nicht mehr als ausgleichende Macht in der Welt sehen, nehmen sie sich selbst die Mittel zur Ergänzung der Gewaltenteilung in der Demokratie. Und uns, die wir ein Recht auf seriöse Information haben.

Seriöse Information/Berichterstattung ist investigativer Journalismus. Das schließt Spekulationen, Verharmlosung und Schönrederei ebenso aus wie Hysterie und Hetze.

Das Wort hat Johann Gottfried von Herder im Sinne der Besonnenheit:

Drücke den Pfeil zu schnell nicht ab, der nimmer zurückkehrt! Glück zu zerstören, ist leicht, wiederzugeben so schwer.

Wir lassen uns das Gut der Pressefreiheit nicht zerstören, und schon gar nicht von der Presse selbst. Ich spreche hier auch im Namen all derer, die gut recherchiert und dann von der Chefredaktion einen Maulkorb verpasst bekommen haben.

Als Mensch, Weltenbürgerin, Satirikerin und Journalistin solidarisiere ich mich mit dem Gedanken, der hinter

„Je suis Charlie“

steht. Ich verstehe es so, dass es keine Gewalt geben darf, die auch nur ansatzweise geduldet wird!

Copyright Gisela Laux 2015

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