Ist das Amt des Bundespräsidenten das Zünglein an der Waage unserer Demokratie?

Christian Wulff ist vor wenigen Minuten zurückgetreten. Punkt.

Die Staatsanwaltschaft hat zuvor die Aufhebung seiner Immunität beantragt, die Bild Zeitung, der Top-Meinungsmacher Nummer 1 getitel, dass es nun Ernst wird.

Die Rede Christian Wulffs war kurz und knapp.

Wenn man sie nicht in Gänze zitiert, beleuchtet man das, was man als am Erwähnenswertesten erachtet:

Wulff hat eine lange, völlig, theoretisch gehaltene Einleitungspassage über die Grundsätze seines Ex-Amtes, des Bundespräsidenten. Es folgt ein längerer Block über Integration, mit der Utopie, dass jeder in unserem Land, gleich welcher Herkunft er ist, die bestmögliche Schulbildung bis hin zur Universität erhalten sollte.

Im nächsten Schritt kommt die von den Medien heißersehnte Erklärung seines Rücktrittes. Auf N24 wurde in der Moderation das abgekündigt, was Wulff schlussendlich auch äußerte. Da das Vertrauen nicht mehr bestünde, müsse er zurücktreten.

Dann geht er mit wenigen Sätzen auf die strafrechtliche Position seines Falles ein, indem er Zuversicht, ja geradezu Gewissheit äußert, dass er nicht zur Rechenschaft gezogen wird.

Was die anstehende rechtliche Klärung angeht, bin ich davon überzeugt, dass sie zu einer vollständigen Entlastung führen wird

In seinem vorletzten Part seiner Dramaturgie, seine Frau steht wie ein Wachsoldat in einem schwarz-weißen Kostüm neben ihm und lächelt versteinert, appelliert er an diejenigen, die zur Demokratie unseres Landes beitragen, sie sollen ihren Weg fortsetzen. Er spricht von Unendlichkeit.

Die Rede wird abgeschlossen mit Danksagungen an sein Umfeld und besonders an seine Frau.

Er ließ nicht unerwähnt, dass

die Medien

ihn und seine Frau

verletzt

hätten.

Alles in allem hinterlässt er das Gefühl, dass das Amt des Bundespräsidenten personell völlig austauschbar ist.

Schon reißen sich die nächsten darum, selbst Frau von der Leyen ist hier mal wieder in der Spekulationsdebatte.

Die heutige Rede erscheint als Sinnbild für die abgeflachte Bedeutung des Bundespräsidenten.

Ein Gustav Heinemann erscheint hier wie eine surreale Gestalt, hat ihn der eine oder andere noch als einen Bundespräsidenten im Gedächtnis, der sich über die Werte unserer Demokratie noch aufrichtige Gedanken machte und diese überzeugend umsetzte.

Die heutige Rücktrittserklärung lässt gute Politik wieder in den Hintergrund treten und schafft erheblich Raum für mehr Politikverdrossenheit statt mehr Demokratie.

Immerhin fordert die Opposition, dass es eine Nachfolgerin/einen Nachfolger geben soll, der unabhängig von Parteiinteressen gewählt wird, und der oder die vom Volk auch Anerkennung zu erwarten hat.

Eine

Castingshow

(Claudia Roth in der Presseerklärung)

soll es nicht werden.

Wieder einmal ein Tag, an dem man sich Gedanken machen sollte, wie man zur Demokratie beitragen kann.

Copyright
Gisela B. Laux 2012

Der gesamte Wortlaut der Rede ist unter http://www.morgenpost.de/politik/inland/article1907587/Christian-Wulff-Die-Rede-zum-Ruecktritt-im-Wortlaut.html veröffentlicht.

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