Der Welt den Rücken zukehren – Ein Idol geht – Fassungslosigkeit bleibt. Warum?

Der Torwart Robert Enke hat sich das Leben genommen.

Er stellt sich heraus, dass er eine Art pars pro toto aus den unterschiedlichsten Motiven heraus war:

Als Nationaltorwart ist er eine der Leitfiguren für den Sport gewesen, mit dem sich seine Landsleute am meisten identifizieren. In dieser Rolle ist er auch ein Träger von Werten eines Volkes, das stark um sein Selbstbewusstsein kämpft, nicht selten gegen alle Vernunft. So hat sich das Kabinettsmitglied Karl-Theodor zu Guttenberg tendenziell in dieser Richtung geäußert.

Der Männerfußball ist eine stark konservative Bastion, trotz der Erfolge der Frauen. So ist es noch immer tabu für einen Spieler, wenn er ganz ungezwungen seinen Lebensgefährten zu einem Event als Begleitung im Schlepptau hätte. Mit dem Begriff „Fußballerfrau“ assoziiert man noch immer die Ehefrau eines Spielers, nicht etwa eine erfolgreiche Spielerin. Wie gefährlich wäre es für Enke gewesen, zu seiner Depression zu stehen, sie bei Bedarf zu therapieren und dann gegebenerweise auch bei dem ein oder anderen Spiel auszufallen?

Wie Tabu das Thema Depression ist, zeigt einer der „Stromberg“-Ausgaben, gerade erst heute vormittag ausgestrahlt. Da wird ein psychisch erkrankter Mitarbeiter von Stromberg vor dessen Freunden aus der freiwilligen Feuerwehr bloßgestellt. Freiwillige Feuerwehr? Auch eine Männerdomäne mit durchweg „männlichen Werten“. Der Bloßgestellte ist weg vom Fenster und wird bei der Arbeit geduldet und von Stromberg weiter gemobbt. Die Zuschauer lachen darüber.

Robert Enke ist ein gut bezahlter Fußballer gewesen, ein Stellvertreter für Reiche. Das Honarar der „Jungs“ wurde immer wieder angeneidet. Besonders derer von Bayern München. Nun sehen die Neider, was es ihnen brachte, diesen Affekt zu äußern. Nichts. Daher nun Mitleid und Frustration. Schließlich die Erkenntnis: Geld macht nicht glücklich und es beruhigt auch nicht. Und das zu Zeiten, in denen der Kapitalismus sich geradezu überschlägt.

Wir lernen, dass uns Neid langfristig nichts bringt. Nicht nur Naturkatastrophen, nicht nur Terror, sondern auch Krankheiten nehmen keine Rücksicht.

Man hat nun die Wahl: Entweder sagt man sich, dass es nichts Ertstrebenswertes, nichts Sicheres im Leben gibt, oder man geht das Risiko Leben ein.

Wenn man die Wahl hat! Robert Enke hatte sie leider nicht. Millionen andere kämpfen darum. Und da hilft nur Verständnis. Und Rücksicht.

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Gisela B. Laux 2009

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