„Das Prinzip Hartz IV“ widerspricht den Grundsätzen unserer Gesellschaft

Ich weiß nicht, ob Sie das auf Ihrem Monitor erkennen können: Die Rheinische Post titelt mit einem Artikel über die weiteren Hartz IV Reformen und schlüsselt den neuen Regelsatz auf. Dort wird aufgeführt, dass einem Bürger, der monatliche Regelleistungen von künftig 364 Euro erhält, davon 1,39 für Bildung zur Verfügung stehen. Das reicht nicht mal für einen Jahresausweis der Bibliothek, geschweige denn für 2 Tagesausgaben der Rheinischen Post (wahlweise einer anderen Tageszeitung).

Darüber kündigt die Ausgabe einen Artikel auf der Seite A 7 mit folgendem Titel an:

Der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit ist Bildung.

Ein Widerspruch in sich!

Das Prinzip Hartz IV soll sein, Sozialleistungen für BürgerInnen möglichst unattraktiv und Arbeit attraktiv zu machen.

Blicken wir der Realität ins Gesicht:

Im Ergebnis ist es so, dass Bezieher von „Transferleistungen“ nicht leben können und für den ersten Arbeitsmarkt unattraktiv (gemacht) werden.

Derzeitig steht einer Einzelperson, die länger als 1 Jahr vergeblich arbeitssuchend ist noch eine Wohnfläche von 45 qm zu. Nach der sogenannten Produktformel wird eine Kaltmiete von ca. 5,85 Euro/qm sowie die Heizkosten ausgezahlt. Hinzu kamen im Jahr 2005 345 Euro, in 2006 gefolgt von 351 Euro, in 2010 359 Euro und nun 364 Euro.

Laut dem Sparpaket steht den „Hartz IV – Empfängern“ nur noch 25 qm Wohnfläche zu und sie müssen die Heizkosten von den 364 Euro selbst bezahlen.

Vor der Türe steht der Plan von Frau Merkel, dass die Mieter Wohnungsrenovierungen selbst bezahlen sollen, damit Energiekosten gespart werden.

Diese Planungen sind mit 5 Euro pro Monat nicht kompensiert!

Für Nahrung und Getränke hat die RP monatlich 128,46 Euro errechnet. Das sind 4,10 Euro pro Tag!

Das sogenannte „Schonvermögen“ beziehungsweise der „Vermögensfreibetrag“ beläuft sich auf 150 Euro pro Lebensjahr.*

Beispiel: Wird ein 45-Jähriger heute arbeitslos, so wird er spätestens in 365 Tagen auf Arbeitslosengeld II angewiesen sein. Hat er im letzten Monat noch ein Bruttoeinkommen von 2500 Euro bezogen und davon ein Nettoeinkommen von 1.590,75 Euro erhalten, muss er künftig von 364 Euro plus der Kaltmiete auskommen.

Er wird keinen Cent erhalten, wenn sein Vermögen über dem Schonvermögenssatz liegt. Danach muss er seine Wohnung verlassen und in ein 25 qm Appartement ziehen, ohne zu wissen, wann er wieder eine Arbeitsstelle hat. Er muss damit rechnen, zum Umzug gezwungen zu werden (Sanktion) und sich von einem Großteil seiner Möbel zu verabschieden. um nur eine Konsequenz zu nennen.

Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, werden im Endergebnis auf Folgendes verzichten müssen:
– eine angemessene Wohnung
– gesunde Ernährung
– ärztliche Versorgung, die vergleichbar ist, mit der eines Menschen, der ein Einkommen hat
– die Chance auf juristischen Beistand (Beratungshilfe motiviert Anwälte nicht, Prozesskostenhilfe kann auch nur eine Art „Kredit“ sein)
– Kommunikation
– soziale Kontakte
– Mobilität
– Bildung (auch: Recht auf Information)
– Verhütung (HIV…, „Pille“ wird nicht bezahlt, auch nicht Kondome)
– Berücksichtigung bei Bewerbungen (Chance zur Rückkehr auf den ersten Arbeitsmarkt sinkt von Monat zu Monat)

Den „Rest“ können Sie sich denken. Bei solch einem „Leben“.

Menschen, die von Hartz IV betroffen sind, können keinen menschenwürdigen Alltag erleben. Sie leben in ständiger Not.

Dieser Zustand widerspricht kolossal den Grundsätzen unserer Gesellschaft. Sagen wir es doch deutlich: Dem Grundgesetz.

Hartz IV ist nicht eine „unattraktive Sozialleistung“. Hartz IV ist eine echte Bedrohung. Und das für diejenigen, die sich noch nicht in dieser Situation befinden. Für die Betroffenen ist es ein Kampf ums Überleben, der verloren werden kann. Die Betroffenen können am Wettbewerb nicht mehr teilnehmen. Und der ist nun mal auch ein wichtiger Bestandteil der „Sozialen Marktwirtschaft“.

Gisela B. Laux
Copyright 2010
*soll abgeblich verdreifacht werden

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