Offener Brief an Silvia Neid

Sehr geehrte Frau Neid,

ich hoffe, dass Sie das hier lesen und wenige Worte ausreichen, um Sie davon zu überzeugen, nicht zurückzutreten.

Ich habe noch nie zuvor in einem Interview soviel Selbstkritik nach einem frisch verlorenen Spiel erlebt. Zumal dieses Spiel Konsequenzen für Ihr Team hat, die wohl kaum innerhalb kurzer Zeit zu verkraften sind.

Das Nichterleben des Halbfinales in einer WM, die im eigenen Land stattfindet, der Verlust der Teilnahme an der Olympiade. Und dann: die vielen öffentlichen Debatten, die die alte und völlig überholte Diskussion neu aufrollen, inwieweit der Frauenfußball in der WM seine Berechtigung hat.

Das steht doch nun außer Frage. Gestern wurden noch die alten Dokus gezeigt, in denen der DFB Frauenfußball allen Ernstes…verbietet! Und heute sollen wir wieder darüber reflektieren, ob der Frauenfußball eine gleichberechtigte Rolle neben dem Männerfußball hat.

Wenn Sie die Entscheidung treffen, sich von ihrer Position zu verabschieden, dann wäre das nur zu ertragen, wenn es eine ganz persönliche Sache ist. Dann darf Ihnen auch Niemand übel nehmen, wenn Sie einen männlichen Verein trainieren.

Aber ich würde es sehr bedauern, wenn diese darauf fußen würde, dass Sie sich ein Scheitern eingestehen und damit die Konsequenzen treffen wollten.

Das wäre auch ebensowenig überzeugend, wie es das ist, wenn ein(e) Politiker zurücktritt.

Es wirkt wie eine Flucht, nicht glaubwürdig.

Aber gerade dieses Vertrauen und diese Glaubwürdigkeit sind es, die Sie als Persönlichkeit erworben haben.

Das wird Ihnen erhalten bleiben, wenn sie auch jetzt, wie im Training, in der Kabine, auf dem Fußballfeld und in den Interviews, die authentische Silvia Neid bleiben.

Alles Gute Ihnen,

Gisela B. Laux

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