Medient(r)igger: Neid kommt – Neid soll (nicht!) gehen – Eine Antwort darauf

Täglich grüßt bei mir das Murmeltier in Gestalt des Morning Briefings des Handelsblattes. Ja, auf Bestellung. Und ich bestelle es (vorerst) nicht ab. Zu aufschlussreich ist die Manipulation des Handelsblattes.
Hier ein Auszug von heute:

Guten Morgen Frau Laux,
heute Nacht ist erneut ein Mitglied des Bush-Clans in das Rennen um die Präsidentschaft eingestiegen. Den USA steht damit ein Wahlkampf der Dynastien bevor: Bush vs. Clinton. Jeb Bush, 62, war zuvor Gouverneur von Florida, spricht perfekt Spanisch und vertritt deutlich moderatere Positionen als sein älterer Bruder George W. Der könnte die effektivste Wahlkampfhilfe dadurch leisten, dass er bis zum Wahltag in ein komatöses Schweigen verfällt.

Der Kapitalismus ist nicht länger westlich geprägt. Die Asiaten haben erstmals mehr privates Vermögen angehäuft als die Europäer. Bereits 2016, urteilen die Berater der Boston Consulting Group (BCG), wird Asien-Pazifik die reichste Region der Welt – noch vor Nordamerika. Das und noch mehr steht im Report „Global Wealth 2015“, den wir heute analysieren. Wir sollten den Asiaten den kometenhaften Aufstieg nicht neiden: Ihr Konsum ist unser Exportgeschäft. Sie werden reich, damit wir es bleiben.

Ich habe mir erlaubt, nun meinerseits etwas Ihre Aufmerksamkeit etwas zu lenken, was mich aufmerken ließ, trotz mehrfach täglichem Wahrnehmens der „Nach“-„Richten/(r)“.

WIR sind nicht reich. Wer sind WIR?
Wir treffen täglich Entscheidungen. Freiwillig. So ganz aus uns selbst heraus? Unabhängig? Mir reicht es nicht mehr aus, dass ich das Programm meines TV’s per Knopfdruck wechseln und den Aus-Knopf bedienen kann. Zu rasant kommen die Bilder, die O-Töne die Kommentare.

Wir sehen Schockierendes und sind paralysiert. Andere amüsiert und ahmen nach, um sich den Kick zu verschaffen. Um selbst wahrgenommen zu werden, nach dem Motto: Besser negativ als gar nicht. Siehe Youtube & Co.

Wir sind reich an Reizen durch Medien. Wir können kaum noch reflektieren und differenzieren, was die unsere Wahrnehmung mit uns, unseren Emotionen, Beziehungen und unseren Entscheidungen macht.

Wir machen Dinge, ferngesteuert. Andere sind am Hebel. Ist das Etwas Neues?

Ich gehe zurück in das letzte Jahrhundert. In die Weltliteratur. Was haben die Naturalisten, Realisten, Expressionisten geschrieben? Wie haben sich di Redensarten in den Spielfilmen geändert. Was ist verpön, was salonfähig. Was ein do, was ein don’t:

Und schon habe ich mich verlaufen.

Aber Eines kann ich sicher beurteilen: WIR sind kein Kollektiv, keine Menagerie in einer Vitrine, wir sind Individuen.

WIR sind nicht reich. WIR wissen, wodurch materieller oder fiskalischer Reichtum entsteht: Erbe, Korruption, Spekulation und Ausbeutung.

In Strindbergs „Fräulein Julie“ spricht der Diener Jean (sicher kein Sympathieträger) über dessen Kapital: Seine Bildung.

Lesen und Hören mag bilden. Aber auch die Wahrnehmung beeinflussen.

WIR sollten uns bewusst sein, wie manipulierbar wir sind, und unseren Willen und unsere kritische Wahrnehmung nicht nehmen lassen.

Die Freiheit des Willens, ohne Anderen zu schaden ist unser Atem und der der Menschlichkeit.

Uns so kommentiere ich nicht, was das Handelsblatt über Bush geschrieben hat.

Sapere aude.(auch, wenn’s weh tut)

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Gisela Laux 2015

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