J.K.Rowling erster „Erwachsenenroman“ – „Ein plötzlicher Todesfall“: Im Titel liegt der Trick

Im Bücherregal ist das überwiegend gelb-schwarze Cover des neuen Romans der Erfolgsautorin, Schlagwort: „Von der Sozialhilfempfängerin zur Bestsellerautorin“ von denen der Wörterbücher kaum zu unterscheiden.

Und so etwas Ähnliches wie ein Wörterbuch muss man anlegen, will man den Überblick über die Vielzahl der Protagonisten behalten. Das ist nicht schlimm. Das ist typisch für einen Kriminalroman. In kaum einem anderen Genre herrscht so eine Handlungsdichte und eine so große Anzahl an Personen.

Bewusst möchte ich hier keine Inhaltsangabe machen; denn ich möchte gerade einem Buch, das aufgrund des guten Namens der Autorin einen Vorhype erntet,nicht im Wege stehen. Möge jeder selbst entscheiden, ob er das fast 600 Seiten starke Buch lesen möchte oder nicht.

Nach und nach entwickelt sich ein Drama, dem man sich nicht entziehen kann, weil Alles, was dort fiktiv angelegt ist, in einer ähnlichen Form in der Realität gerade passiert.

Ich stellte mir während des Lesens vor, wie J.K. wie ein Forscherin an einem Rädchen eines Mikroskops dreht, um das Objektiv scharf zu stellen, um das menschliche Leben, das sonst so klein und unsichtbar mit blossem Auge im Alltag erscheint, klar zum Vorschein kommen zu lassen. Unerbittlich klar.

Der „plötzliche Todesfall“ ist ein Auslöser für das Deutlichwerden von den Strukturen von „Arm und Reich“ und den feinen Adern, die die Schichten, der etablierten, wohlhabendenen Menschen durchzieht, ebenso wie die der veramten, verwahrlosten Verlierer und Kämpfer.

Dieses Buch ist ein Abbild der Folgen des Neokapitalismus und erinnert mich zugleich an die grauenhaften Visionen der Science Fiktion Autorin Margaret Atwood, die überaus anspruchsvolle Werke wie „Der Report der Magd“, der verfilmt wurde und „Das Jahr der Flut“ schrieb.

„Ein plötzlicher Todesfall“ ist kein „Good-Mood-Buch“. Und das ist sicherlich auch nicht beabsichtigt.

Es wie ein Krimi erscheinen zu lassen ist irreführend und verführend. Und es ist – ich versuche, nicht neidisch zu sein über dieses Gelingen – geradezu genial, dieses mit den Lesern zu wagen.

Schwierige Zeiten erfordern Raffinesse in der Auswahl des Genres. Das wussten auch Autoren wie Albert Moravia, der das bekannte Werk „Ich und er“ verfasste und vordergründig nichts als eine Komödie ist. Ähnlich wie sein Buch „Der Konformist“. In letzter Konsequenz sind diese Bücher Kritik und Warnung zugleich.

Wenn man dafür offen ist, das zu verstehen….

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Gisela Laux 2012

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