Flic Flac Zirkus 2016: Aggrobatik statt Akrobatik im Vordergrund. Poesie: Fehlanzeige

Das aktuelle Programm des Zirkus Flic Flac, der auf Dressurnummern ausdrücklich verzichtet heißt „Höchststrafe, 25 Jahre“.

Auf dem Plakat sieht man schwarz-gelb gestreifte Zelte, in Warnfarben, wie es auf der offiziellen Homepage des Zirkus heißt.

Mit dem Titel habe ich eine Heavy Metal Band oder Hard Rock Band assoziiert und keinen poetischen Zirkus. Nachdem ich aber eine Eintrittskarte geschenkt bekommen habe und kurz vor dem Besuch der Vorführung die Website des Zirkus Flic Flac besucht habe, hatte ich Lust auf akrobatische Vorführungen bekommen, und ich fand es sympathisch, noch einmal bestätigt zu bekommen, dass hier keine dressierten Tiere vorgeführt werden.

Ich bin vor der Pause gegangen. Und nicht alleine.

Bevor ich eine Vorstellung verlasse, wenn ich mich völlig unwohl fühle, wäge ich erst die Intentionen der Kreativen ab. Habe ich etwas übersehen? Eine Message? Irgend ein Zeichen gegen böse Einflüsse in unsere Zeit. Gegen böse Einflüsse wie die Auswirkungen von Intoleranz Gibt es Hoffung. Zeigen mir die Künstler einen Weg aus dem Schlammassel, in dem wir uns befinden? Aus den Zwängen und den Fremdbestimmungen?

Hier war das Gegenteil der Fall.

Doch zunächst ein kurzer Auszug aus der Website von Flic Flac unter „Story“:

Mittendrin im Circusleben

Gegründet wurde der Circus Flic Flac 1989 von den Brüdern Benno und Lothar Kastein sowie deren Ehefrauen Scarlett Kaiser-Kastein und Gabi Kastein. Sie haben Flic Flac zu dem gemacht, was es heute ist: eines der größten Zirkusunternehmen Europas, das mit seinen spektakulären Shows regelmäßig Maßstäbe setzt.

Sie wollten und wollen anders sein. Flic Flac ist kein „klassischer Zirkus“. Das ist grundsätzlich absolut okay. Keine Tierdressur. Aber den Menschen im Publikum als dressierten Affen vorzuführen? Was soll das in Gang setzen?

Die Show ist ganz auf Knast aufgebaut. Somit tragen auch die Akrobaten Knastklamotten. In einem Gitter, dem Flur eines Gefängnisses angelegt, befindet sich eine Rockband, die instrumental und gesanglich alles bietet, was man sich als Liebhaber von Hard Rock Musik nur wünschen kann. Die Akustik war einwandfrei, der rote Faden war absolut vorhanden. Die akrobatischen Darbietungen waren so, wie ich sie vom klassischen Zirkus kenne, und auch von dem Ausnahmezirkus „Cirque du Soleil“. Nur, dass letzterer voller Schönheit und Poesie ist und mir ein gutes Gefühl während der ganzen Vorstellung verschafft und mich zu konstruktiven Gedanken inspiriert hat. Weil ich dazu bereit bin.

Aber bei „Höchststrafe. 25 Jahre“ sollte ich wohl den Sinn von Knast, auch die Sinnverfehlung von Knast und die Ursachen, warum Jemand zu Recht zu 25 Jahre verurteilt wurde, verdrängen. Es gelang mir nicht. Weil ich es nicht wollte.

Der Conferencier ist in dieser Show in Gestalt eines Punks, der in thüringischem Dialekt, was einige in NRW schon zum Auslachen bewegte. Somit hatte er „die Stimmung“ schon mal auf seiner Seite, und sollte wohl die absolute Narrenfreiheit verkörpern.

Ich bin der Arsch vom Dienst.

Er griff in die Comedykiste und kramte von Motten Angefressenes heraus. Er ging ins Publikum, griff einem Mann auf die Glatze, um sich dann laut ekelnd darüber zu äußern, sprach Frauen im Publikum an, machte „sexistische“ Bemerkungen, frage noch nach, ob sie sexistisch aufgefasst würden, um sofort zu bestätigen, dass er das „geil“ findet. Mitarbeiter des Zirkus seien „Russen“, worüber man aber nicht lachen soll. Eine überflüssige Bemerkung, die Idioten amüsierte.

Für die Semi-Zweifler hatte er immer wieder den Spruch parat.

Steht im Drehbuch….Hab ich geschrieben.

Er griff noch vor der Pause einige Tabuthemen an. Arbeitslosigkeit als Lacher ist … für ihn ohne Weiteres machbar.

Dann bin ich eben arbeitslos und gehe zu Roncalli.

Mal so neben bei in der Pausenclownrolle Themen zu treffen, die differenziert dargelegt und mit vertretbaren Standpunkten dargelegt werden müssen, ist sinnfrei. War aber durch seine Rolle als despotischer Punk offensichtlich immer wieder Lacher wert.

Wie auch die Clown-Darstellung des Jongleurs in einem Highlander Köstum. In ihm erkannte ich  einer der Gründer Zirkus. Er trat mit einem Plastik Hai auf und machte damit Wortspiele, wie man sie mal zufällig beim Zappen von billigen Alleinunterhaltern gehört hatte.

Der ist weiblich. He(a)idi.

Der Witz ist flach und harmlos. Weniger witzig und harmlos ist der Gag, dass er misslungene Jongliernummern darbieten muss, weil er doch von etwas leben muss. Nicht komisch, wenn man weiß, wie teuer das Ticket war.

Noch weniger spaßig, wenn man betrachtet, dass die wahren Künstler der Show hinter dem ganzen Sarkasmus in ihrer Wirkung verschwanden.

Den Akrobaten gilt mein Respekt. Denen wünsche ich einen unkonventionellen Rahmen mit Verstand und Herz bei dem nächsten Programm.

Ach, um dem netten Pseudo-Punk zu antworten, warum ich gegangen bin. Ich habe meinen Humor gesucht. Und gleich hinter der Zuschauertreppe um die Ecke wieder gefunden. Ich wußte doch: weg konnte er nicht sein. Er war die ganze Zeit in unmittelbarer Nähe.

Das sagt wer,

na,

die laux!